Wenn Wandel an altem Verhalten scheitert
Wann gelingt Wandel? Über diese Frage zerbrechen sich unzählige Menschen in fast jedem Unternehmen den Kopf. Dabei ist es auf abstrakter Ebene eigentlich ganz einfach. Wandel gelingt, wenn Menschen ihr Verhalten verändern – als Antwort auf veränderte Bedingungen in ihrer Außenwelt.
Was einfach klingt, ist es in der Realität meist nicht. Tatsächlich scheitert Wandel allzu häufig daran, dass Menschen immer so weiter machen wie bislang – obwohl sich ihre Umgebung verändert hat und nach anderem Verhalten als bislang verlangt…
Altes Verhalten + neue Lage = Problem
Die Verhaltensökonomie hat für diesen Widerspruch ein eigenes Wort gefunden: das Manager-Syndrom. Der Begriff bezeichnet eine Situation, in der es Menschen nicht gelingt, ihre früher gelernten Muster und Verhaltensautomatismen auszuwechseln. Und das, obwohl die Lage genau das braucht. Das blockiert positiven Wandel – und kann negative Entwicklungen erheblich beschleunigen.
Das Manager-Syndrom: Der Fall VW
Wer dieser Tage die Automobilindustrie anschaut, versteht schnell, wie das Manager-Syndrom konkret aussehen kann. Es scheint, als seien die deutschen Automobilbauer gesteuert von Führungskräften, deren Verhalten festhängt in einer Zeit, die längst vorbei ist.
Ein Beispiel: Jüngst fiel der neue VW-Vorstandschef Herbert Diess durch ruppige Auftritte auf. Er erklärte die Diskussion um gesundheitsschädigenden Feinstaub für „hysterisch“, drohte Politik und Öffentlichkeit mit dem Verlust von bis zu 100.000 Arbeitsplätzen. In seinen Reden zeigte er sich als selbstgerechter, zorniger Mann im Kampf gegen den Rest der Welt.
Wandel braucht neues Verhalten
Jahrzehntelang wurden die Wünsche der Autobauer wie selbstverständlich durch die Politik umgesetzt. Regierungen, Presse und Öffentlichkeit fassten die Autokonzerne mit Samthandschuhen an. Das ist jetzt anders. Seit dem Siegeszug der Elektromobilität, der Dieselkrise und dauerndem Feinstaubalarm in deutschen Städten hat sich diese Lage verändert. Die öffentliche Stimmung hat sich gedreht, und mit ihr die politische Bereitschaft, den Autobauern alles durchgehen zu lassen. Dazu kommt, dass Automobilfirmen aus den USA und China inzwischen ernstzunehmende Konkurrenten geworden sind. Die deutschen Autobauer sind nicht mehr alternativlos.
Die Auftritte des VW-Managers zeugen von seiner Unfähigkeit, einer neuen Situation mit neuem Verhalten zu begegnen. Ein klarer Fall für das Manager-Syndrom!
Auf die Führung kommt es an
Denn die Lage für die Autokonzerne ist völlig anders als noch vor wenigen Jahren. Aber die Bosse der Automobilkonzerne verhalten sich, so zumindest mein Eindruck, einfach weiter so wie bislang. Sie reden Sorgen um die öffentliche Gesundheit klein, verlachen ihre Konkurrenten, drängen auf laxere politische Regulierung, drohen der Öffentlichkeit – und versuchen weiterhin, so viele Verbrennungsmotoren wie möglich auf die Straßen dieser Welt zu bringen.
Dabei ist eigentlich klar: es braucht gerade nicht die Muster von gestern, sondern neues Handeln. Insbesondere durch die Führungspersonen in den Automobilkonzernen. Denn die haben es in der Hand, durch ihre Entscheidungen und passende Verhaltensweisen den Wandel einzuleiten, den es braucht. Das Manager-Syndrom hilft dabei mit Sicherheit nicht.