Die Bewerbungs-Gurke 😮
„Du bist jetzt eine Gurke auf dem Weg zum Bewerbungsgespräch! 5, 4, 3, 2, 1 und los!“
Es ist schon 20 Jahre her. Und dennoch erinnere ich mich sehr genau. Es war auf der Kleinkunstbühne „Das verlängerte Wohnzimmer“ in Berlin. Ausverkauft! Ich stehe auf einer kleinen, hell erleuchteten Bühne, Herzklopfen bis in die Fingerspitzen. Mein Hirn schreit „Wie bitte?! Gurke?! Bewerbungsgespräch?!“, und während mein Hirn noch versucht, da irgendeinen Sinn zu erkennen, legt mein Körper schon los. Denn so habe ich das gelernt beim Improvisationstheater: Raus aus dem Kopf und rein in den Körper. Also wackle ich als Gurke über die Bühne, zögere, schaue, wackle wieder treffe meinen Mitspieler und dann höre ich das Lachen im Publikum. Von da an gab‘s kein Halten mehr – diese Impro-Szene wurde spektakulär.
So begann ich damals die Szene als Bewerbungsgurke. Und so beginnt auch jedes Abenteuer: Mit der Ungewissheit.
Die Kunst, trotzdem loszugehen
Ungewissheit kann uns lähmen. Sie zieht uns in Grübelschleifen, raubt Klarheit und macht Entscheidungen zum Spießrutenlauf. „Was, wenn es schiefgeht?“, fragen wir uns. Die bessere Frage wäre: „Was, wenn etwas ganz Neues entsteht?“
Denn mutiges Handeln bedeutet nicht, keine Angst zu haben. Es bedeutet, trotz der Angst loszugehen. Nicht perfekt, nicht allwissend. Aber entschlossen. Und erst recht in einer Zeit volle Ungewissheiten: Globale Krisen, Kriege, künstliche Intelligenz, New Work, New Normal und vielleicht auch New Nervenzusammenbruch. Das Tempo steigt, die Planbarkeit sinkt. Manchmal stelle ich mir vor, dass ich wieder mal Impro-Theater spiele und das Publikum – ach nein, ich meine natürlich das LEBEN ruft mir Begriffe auf die Bühne, die widersprüchlich bis paradox sind und ich mach dann was draus. Denn genau das ist Improvisation: Du weißt nicht, was kommt – aber Du gehst trotzdem los.
Improvisation ist kein Plan B – es ist Plan JETZT
Vielleicht denkst Du: „Improvisieren – das ist doch was für Schauspieler und Comedians!“ Ja, und für Führungskräfte, Eltern, Gründerinnen, Teams, Lehrer, Entwicklerinnen und Lebensmutige. Improvisation ist die Fähigkeit, den Moment zu gestalten, ohne dass alles klar ist. Es ist die Kunst, mit dem zu spielen, was jetzt gerade da ist, nicht mit dem, was eigentlich da sein sollte.
Improvisation ist mehr als eine Technik. Sie ist eine Haltung.
Hier ein paar Impulse:
- „Ja, und wie…“ sagen, statt „ja, aber…“. So kommst du in den Flow des Handelns – nicht in die Schleife der Ausreden (Du kennst die Übung vielleicht aus meinem Vortrag 😉)
- Spiel mit Möglichkeiten: „Was wäre, wenn…?“ ist ein großartiger Satz – nicht nur auf der Bühne.
- Verantwortung übernehmen. Was ist dir wirklich wichtig? Welche Haltung willst du einnehmen?
- Im Hier und Jetzt präsent sein und handlungsfähig bleiben. Auch wenn der Boden unter deinen Füßen wackelt. Spiel mit dem, was da ist, statt einem Idealbild hinterherzjagen.
- Fehler als Lehrstoff begreifen. Scheiter heiter! So entsteht Lernen, Entwicklung, Menschlichkeit.
Was Du tun kannst, wenn dich die Ungewissheit plagt:
Mut ist kein Gefühl, Mut ist eine Entscheidung. Du musst nicht warten, bis Du Dich mutig fühlst. Fang an und der Mut zieht nach. Wie beim Improtheater: Der erste Schritt ist der schwerste.
- Akzeptiere das Nichtwissen. Das Leben war nie planbar, wir haben nur geglaubt, es sei so.
- Trainiere deine Flexibilität. Nimm Umwege als Möglichkeit, neue Wege zu entdecken .
- Kultiviere stärkende Gedanken. Welche Gedanken stärken dich gerade und welche lähmen dich?
- Entscheide aus dem Jetzt. Nicht aus der Angst vor morgen.
- Freu dich über Fehltritte. Denn sie zeigen: Du gehst! Und das zählt.
Fazit:
Ungewissheit ist keine Phase. Sie ist der Normalzustand. Aber das ist kein Grund zur Resignation, sondern eine Einladung, neue Wege zu gehen. Mutiges Handeln ist nicht die Abwesenheit von Ungewissheit, sondern der Tanz mit ihr. Wie beim Improvisationstheater. Du brauchst kein perfektes Skript. Du brauchst Präsenz, Offenheit, Vertrauen und ein bisschen Lust auf das Unbekannte.
Also: Sei die Gurke. Oder der Löwe. Oder was auch immer… Und geh einfach los! Auch wenn der Text fehlt. Gerade dann.
Denn: Fertig ist eine Illusion. Unterwegs ist das Ziel!
Umd mutiges Handeln in ungewissen Zeiten geht es auch in meiner Keynote „Loslassen ist das neue Anpacken!“



