Warum die neue Arbeitswelt Transparenz braucht
Neulich hielt ich meinen Vortrag Loslassen ist das neue Anpacken. Danach sprach mich eine Führungskraft an und fragte: „Was glauben Sie, Frau Fritze – was ist besonders wichtig, damit New Work gelingen kann?“ Ich musste nicht lange überlegen: „Transparenz!“ Mein Gesprächspartner hakte nach: „Wieso?“ Tja, das ist eigentlich ganz einfach: „Agiles Arbeiten und mehr Selbstorganisation gelingen vor allem dann, wenn jede und jeder weiß, was die Kolleginnen und Kollegen tun. Nicht zuletzt deshalb ist Transparenz auch einer der zentralen Werte von agilen Frameworks wie Scrum.“ Die Führungskraft fragte dann: „Was heißt das denn für mich? Soll ich jetzt zum gläsernen Chef werden?“ Es war offensichtlich: so richtig gut gefiel ihm der Gedanke nicht.
Transparenz: Teilen von Erfolgen und Hürden
Ich stieg ein bisschen tiefer mit ihm ins Thema ein. Und erzählte ihm von einem Fall, den ich neulich in einem Unternehmen mitbekommen habe. Dort wollte ein Teamleiter unbedingt, dass sein Team deutlich agiler als bislang arbeitet. Dazu gehörte auch das Einführen eines Team-Boards. Darauf sollten sich alle aktuellen Projekte finden, inklusive der jeweiligen Projektstände. So sollten alle sehen können: das läuft gerade bei uns. Hier geht es voran, hier nicht. Eigentlich eine super Sache. Transparenz in dieser Form ist schließlich die Grundvoraussetzung dafür, dass schnell ein gemeinsames Gespräch im Team entsteht. Und zwar zur Frage, welche Unterstützung jemand braucht, wenn es mal nicht vorangeht. Das ist wichtig. Es beugt der Tendenz vor, Probleme so lange unter den Teppich zu kehren, bis die Kuh nicht mehr vom Eis zu holen ist.
Intransparenz als Führungsprivileg?
Der Haken an der Geschichte war folgender: die Führungskraft wollte gerne, dass im Team Transparenz herrschte. Dass alle Kolleginnen und Kollegen wussten, was läuft – und die Führungskraft auf einen Blick sehen konnte, wie die Projekt-Lage ist. Aber als das Board dann eingeführt wurde, fiel es dem Team wie Schuppen von den Augen: Alle brachten ihre Projekte an die Wand. Nur die Führungskraft notierte… nichts! Transparenz – das sollte offenbar für alle gelten, außer ihn! Können Sie sich denken, was dann passiert ist? Genau: die Sache mit dem Team-Board hat nicht funktioniert. Weil das Team einen fatalen Gedanken bekommen hatte: „Wir alle lassen hier die Hosen runter – aber unser Chef macht alles genau wie vorher.“ Im Ergebnis hielten die Team-Mitglieder hinterm Berg, wenn es um Misserfolge ging. Und das Team-Board starb einen schnellen und ziemlich stillen Tod.
Gläsern sein, wo immer es Vertrauen schafft
Ich erzählte meinem Gesprächspartner diese Geschichte. „Deshalb ist Transparenz so entscheidend in der neuen Arbeitswelt. Wenn Sie als Führungskraft Transparenz vorleben, dann erhöhen Sie Vertrauen und Sicherheit im gesamten Team. Wenn Sie aber Intransparenz als Führungsprivileg sehen – dann wird sich in Ihrem Team nicht viel verändern.“ Da verstand mein Gesprächspartner, was ich meinte. Niemand braucht die gläserne Führungskraft, die sich total überwachen lassen muss. Was es braucht, sind gleiche Standards für alle. Wenn Team-Mitglieder sich in Transparenz üben müssen, dann gilt das selbstredend auch für Chefinnen und Chefs!